Sanierung der Öhder Wupperbrücke

Historischer Rückblick auf das Bauwerk

Für Züge aus Richtung Oberbarmen kommend ist die in Streckenkilometer 19,573 liegende Eisenbahnbrücke Öhde das erste Brückenbauwerk der Wuppertalbahn auf der Fahrt in Richtung Radevormwald. Es handelt sich hier Bogenbrücke aus Stahl mit abgehängter Fahrbahn in offener Bauweise mit Brückenbalken aus Holz. Die Brücke wurde im Jahr 1895 erbaut und Anfang des 20. Jahrhunderts mehrfach verstärkt um höhere Lasten zu ermöglichen. Die letzte umfangreiche Sanierung des Überbaus fand im Jahr 1957 mit einem kompletten Neuanstrich statt.

Scan des Originalplans der Wupperbrücke aus der Plankammer der Königlichen Eisenbahndirection Elberfeld (1895)

Im Laufe der Zeit gab es weitere Schäden, vor allem an den Flügelwänden am Widerlager 1 auf der Beyenburger Brückenseite. Hier drohte eine der Mauern teilweise wegzukippen und an anderer Stelle gab es größere Ausbrüche in einem Gewölbebogen aus Ziegelstein. Durch die DB wurden keine größeren Investitionen mehr in die Brücke getätigt. So wurden selbst mit dem Umbau der Strecke zur Papierfabrik Erfurt, wo noch ca. 5km neues Gleis mit Betonschwellen verlegt wurden die 90 Brückenbalken aus dem Jahr 1957 auf der Brücke belassen. Auch die Flügelwände wurden nicht instand gesetzt, sondern das Gleis nur notdürftig durch den Einbau einer sog. Kleinhilfsbrücke, welche den Lastabtrag in die defekten Bauteile stark reduziert, weiterhin befahrbar gehalten.

In den letzten Jahren wurde uns wiederholt klar, dass diese Brücke sehr kurzfristig nicht mehr befahrbar gehalten werden kann, ohne größere Sanierungsarbeiten durchzuführen. Da die Brücke für uns das Tor zum DB-Netz darstellt und ohne diese ein Museumszugverkehr nicht darstellbar wäre, ist die Befahrbarket dieses Bauwerks enorm wichtig. Spätestens nach dem Ergebnis der letzten Brückenprüfung war klar, dass hier an vielen Stellen Handlungsbedarf besteht wurde 2016 angefangen vertieft in die Planung zu gehen, wie eine Sanierung zu stemmen ist.

Die Planungphase

Es wurden zuerst mehrere Varianten von Sanierungskonzepten erstellt. Schnell wurde klar, dass es eigentlich nur sinnvoll ist, die Brücke in Gänze zu überarbeiten, da sonst in kurzer Zeit an anderer Stelle weitere Arbeiten erforderlich würden. Aber dies kostet auch eine ganze Menge Geld, das uns als Verein so nicht zur Verfügung stand. Über lange Zeit intensiver Suche und Überzeugungsarbeit konnten wir Anfang 2018 eine Förderzusage der Deutschen Stiftung Denkmalschutz und der der NRW-Stiftung erhalten. Nur durch das gemeinsame Engagement dieser beiden Unterstützer ist uns die Umsetzung der Maßnahme möglich.

Zu allererst musste die Hilfsbrücke nun entfernt werden, da sie den folgenden Schürfarbeiten im Weg war. Für den Hilfbrückenausbau zeigten sich die Wupperschiene bzw. deren Mitglieder verantwortlich. Wie immer muss hier auch durch den Verein eine Eigenleistung erbracht werden. Am Anfang der eigentlichen Arbeiten stand erstmal das Freilegen des Gewölbebogens und der Flügelwände. Dies geschah durch Mitarbeiter der Gesellschaft für berufliche Aus- und Weiterbildung mbH (GBA) was Grundlage für die Planung der neuen Tragkonstruktion am östlichen Brückenkopf war. Hier wurde eine neue tragende Betonplatte samt entsprechendem Auflager geplant, welche in das alte Gewölbe hineingebaut wird. Von außen wird dies jedoch kaum zu erkennen sein, da die ursprünglichen Gemäuer weiter bestehen bleiben werden. Dies ist auch eine Bedingung der Förderung, da die Brücke unter Denkmalschutz steht und daher keine Maßnahmen vorgenommen werden dürfen, welche die Optik des Bauwerks verändert. Alle Arbeiten werden zudem in enger Abstimmung mit der Denkmalbehörde durchgeführt, die das Projekt auch betreut.

Nachdem die Planungen und statischen Berechnungen für den „Neubau“ am Wiederlager vorlagen, musste diese noch durch einen speziell zugelassenen Prüfer überprüft werden, damit die Brücke auch so eine Zulassung für Bahnverkehr bekommt.

Der Bau beginnt…

Im Sommer 2018 konnte dann endlich der Bauvertrag mit der Fa. Heinrich Send GmbH (Ingenieur- und Brückenbau) abgeschlossen werden, die als Generalunternehmer die Sanierung durchführen bzw. an weitere Fachfirmen vergeben wird. Im November war dann Baubeginn des ersten Bauabschnitts. Teile der alten Flügelmauer wurden abgebrochen, die Fläche für das neue Widerlager aus Beton freigelegt und geebnet.

Hiernach wurde damit begonnen eine Schalung zu bauen und entsprechen der statischen Planung Bewehrungsstahl einzubauen, bevor betoniert werden konnte. In insgesamt 3 Abschnitten wurden hier ungefähr 1,6t Stahl und 14 m³ Beton verbaut. Ende 2018 konnten die Betonarbeiten abgeschlossen werden, bevor sich die Baustelle erstmal in den Winterschlaf verabschiedete…

Aber nicht ganz, denn die Mitglieder der Wupperschiene hatten noch ein paar Sanierungsarbeiten am Mauerwerk vor der Brust. Denn nachdem die Tragkonstruktion gegossen war, konnte das bestehende, alte Mauerwerk, das teilweise abgängig war gesichert werden. Bevor damit jedoch begonnen werden konnte, mussten wir uns aber erst ein kleines Gerüst an der zu sanierenden Flügelwand aufstellen. Danach wurde das Mauerwerk erstmal mit einem Hochdruckreiniger gesäubert und die alte Verfugung entfernt. Danach wurden die Fugen komplett mit neuem Mörtel versehen sowie der Gewölbebogen partiell mit neuen Ziegeln ausgebessert.

Aufgrund des milden Winters sollte es aber schon im Februar 2019 bei den Firmen mit Bauabschnitt 2 direkt weitergehen: Hier wurde ein Gerüst um die gesamte Brücke herum errichtet, sodass nachher alle Bereich zugänglich sind, sowohl von unter oben und den Seiten. Gleichzeitig dient das Gerüst dem Arbeitsschutz, damit keine Abstürze passieren. Aber auch dem Umweltschutz wird hier genüge getan, denn das Gerüst ist so ausgekleidet, dass keine Baustoffe, Werkzeuge oder sonstiges Material in die Wupper gelangen. Die Gerüstbauarbeiten wurde durch die Wuppertaler Firma Karbange erledigt.

Mit Fertigstellung des Gerüstes ging es dann fast im gleichen Atemzug mit dem Rückbau der Gleise auf der Brücke weiter. Den Beginn machte hier wieder die Wupperschiene in Eigenleistung mit dem Ausbau der kompletten Eindeckung der Brückenbleche. Dies fand in einer konzentrierten, zweitägigen Wochenendaktion statt. Sonntagabend waren wir soweit fertig. Dies war auch gut, denn direkt am Montagmorgen wurde durch die Gleisbaufiirma Walter Gasthaus damit begonnen, die Schienen zu trennen und von der Brücke zu ziehen. Im Nachgang wurden dann die Befestigungen der Schwellen auf der Brücke weggebrannt und alle Schwellen ausgebaut und zur Abholung bereitgelegt. Der Abtransport der Schwellen erfolgte dann wieder über den Verein in Eigenregie.

Seit Anfang April 2019 hat die nächste Bauphase begonnen. Zum einen wurde durch die Fachfirma für Korrosionsschutz damit begonnen, den kompletten Stahlüberbau zu säubern bzw. zu entrosten. Bevor jedoch damit begonnen werden kann das neue Lacksystem aufzubringen, musste im inneren der Brücke noch ein zusätzliches Gerüst aufgebaut werden, sodass alle Bereiche für die Arbeiter erreichbar sind.

Aber auch die GBA ist wieder an der Brücke aktiv. Deren Mitarbeiter haben damit begonnen, dass Mauerwerk der Vorbrücke wieder herzurichten. In wenigen Tagen wurde das gesamte Mauerwerk der nörlichen Flügelwand wieder erstellt inklusive aufsetzen der Decksteine. Auch Ausbesserungsarbeiten an der alten Kammermauerwand aus Ziegeln wurden vorgenommen. Nachdem dann innerhalb kürzester Zeit auch die südliche Mauer ander Vorbrücke wieder hergestellt wurde, sind die Arbeiten der GBA am östlichen Brückenkopf soweit abgeschlossen. So wurde das dortige Gerüst auch schon demontiert um am westlichen Brückenkopf wieder aufgestellt. Dort wird eine weitere Mauer komplett neu verfugt werden. Aber zuerst wurde damit begonnen die dortigen Kammermauern aus Ziegelstein analog der östlichen Seite zu sanieren, solange noch keine Schwellen montiert sind, da jetzt noch Baufreiheit dort herrscht. Parallel wurde auch noch damit begonnen die Abdeckbleche aufzuarbeiten. Diese werden gestrahlt und und im Nachgang mit dem gleichen Beschichtungssytem versehen wie der Überbau der Brücke.

Und auch am Überbau erkennt man im Laufe des Mai Fortschritte. Am Bogen auf der Unterstromseite wurde damit begonnen das 4-stufige Beschichtungssystem aufzubringen. Endgültig wird die Brücke dann in „Anthrazit“ erstrahlen. Diese Farbe wurde seitens des Denkmalschutzamtes in Wuppertal ausgewählt, da dieser Farbton den Zustand nach Bau der Brücke darstellt. Der Grünton, den die Brücke bis jetzt hatte wurde erst in den 50er Jahren aufgebracht. Mal sehen, wie sich der neue alte Farbton machen wird…

Aber nicht nur die Optik ist im Fokus! Anfang Mai wurde der Überbau nochmal zusammen mit einem Brückenprüfer inspiziert. Hier wurden einige Stellen ausgemacht, wo es Probleme in statischer Hinsicht gibt, bzw. diese entstehen, wenn nicht gehandelt wird. So müssen an ca. 20 Stellen Verstärkungsmaßnahmen an Brückensträgern erfolgen, damit die Brücke auch künftig in der Lage sein wird, die Lasten des Eisenbahnverkehrs auszuhalten.

Den Sommer über wurde sehr viel Zeit damit verbracht, den Korrosionsschutz des Überbaus zu komplettieren. Bei einer Fläche von fast 1.000 m² und insgesamt 4 Anstrichen kommt da so einige Zeit zusammen. Ende August konnte dann jedoch soweit alles fertiggestellt werden. Nur die Stellen, wo das Baugerüst befestigt ist, werden im Nachgang dann noch separat beschichte, bis alles wirklich fertig sein wird. Die Sommermonate wurden auch seitens der GBA weiter fleißig genutz. Die Mauerwerksarbeiten am westlichen Widerlager sind nun komplettiert. Weiterhin wurde im Nachgang von einer GBA-Stahlbaukolonne das Geländer der Vorbrücke wieder in seiner ursprünglichen Art erstellt. Viele Teile sind noch original, andere mussten durch neue Stahlprofile ersetzt werden, die jedoch an den ursprünglichen Baustil angepasst wurden. Nachdem das Geländer fertig hergestellt ist wurde auch hier direkt das im Weiteren auch verwendete Lacksystem der Fa. Conrads aufgebracht. Hier erfolgten die Lackierarbeiten auch seitens der GBA

Die Herbstpause ist vorüber!

Nachdem die Beschichtung des Brückenüberbaus soweit eigentlich schon seit August fertig gestellt war, sollte es eigentlich direkt weiter gehen auf der Baustelle. Allerdings hatte unser beauftragtes Bauunternehmen zwischen September und Mitte Oktober keine Kapazitäten für die Öhder Brücke, da andere Baustellen wohl drängender waren. Aber zu Glück liegen wir gut in der Zeit! Und Mitte Oktober ging es dann auch wieder los: Endlich konnten im Bereich der Geländer und der Knoten des Überbaus Verstärkungskonstruktionen eingebaut werden. Hierbei handelt es sich um dicke Stahlplatten, welche die Gesamtmaterialdicke des Bauwerks erhöhen sollen. Dies ist erforderlich, damit weiterhin Eisenbahnen ohne Einschränkungen über die Öhder Brücke rollen können. An manchen Stellen war leider die Korrosion schon soweit fortgeschritten, dass der Stahl der Träger an vereinzelten Stellen eigentlich zu dünn war. Dem konnte nun Abhilfe geschaffen werden! Kurz darauf wurde dann auch das Gerüst im inneren der Brücke schon mal rückgebaut. Im gleichen Atemzug wurde noch ein Abschlussblech an der Grenze von Brücke und Schotteroberbau eingesetzt. Dies sorgt dafür, dass der Schotter nicht in den Bereich der Brückenlager läuft. Damit sind die eigentlichen „Brückenarbeiten“ erledigt.

Das Gleis kommt zurück…

Im Gegensatz zu den Arbeiten an der Brücke benötigt der Gleisbau nur sehr wenig Zeit. Schon in der ersten Novemberwoche ging es los. Die Firma Gasthaus tauchte wieder mit ihrem Zweiwegebagger an der Brücke auf. Zum einen wurden die Stahlschwellen auf der neuen Betonbrücke endgültig verlegt und verspannt, ansonsten wurden noch die Anschlussbereiche zum neuen Brückenanfang mit Schotterfängen versehen, damit der Schotter nicht die Böschung hinunter rutscht. Hier kam wieder die bewährte Konstruktion aus alten Schienen und Stahlschwellen zum Einsatz, die auch beim letzten großen Umbau in den 90er-Jahren im kompletten Dammbereich zum Einsatz kam. Natürlich fand auch der Wiedereinbau der 90 neuen Brückenschwellen statt. Diese wurden in drei Teilstücken eingebaut. Und zum Abschluss der ersten Arbeitswochen wurden dann noch die Langschienen wieder auf die Brücke gezogen und provisorisch am Bestand angelascht. Damit kann man sagen, dass die Gleislücke zwischen Wuppertalbahn und der DB-Strecke nach einem Jahr Bauzeit nun wieder geschlossen ist! Nur zwei Wochen danach erfolgte dann als Abschluss noch der Einbau von neuem Schotter mit den entsprechenden Stopfarbeiten auf der sanierten Vorbrücke sowie dem Anschlussbereich in den Bestand. Zum Schluss wurden dann noch die Schienen wieder verschweißt, sodass nicht mehr zu erkennen ist, dass hier mal einer Lücke im Gleis war. Und hiermit sind die eigentlichen Arbeiten aus dem Bauvertrag bis auf ein paar Kleinigkeiten abgeschlossen.

Der Endspurt

Nachdem die Hauptamtlichen Arbeiten die Brücke soweit verlassen haben ist nun wieder die Arbeitskraft des Vereins gefragt. Für die Adventswochenenden stand hier jeweils „Einbau von Abdeckblechen“ auf dem Programm. Auch wenn diese am Anfang ganz ordentlich aufgereiht waren, war der Einbau doch ein bisschen wie ein Puzzlespiel. Begonnen haben wir mit den Mittelblechen zwischen den Schienen nach dem Motto: Die schwersten zuerst. Im gleichen Zeitraum wurde dann auch durch die Firma Karbange das Hängegerüst, was die Brücke für fast ein Jahr verdeckt hatte rückgebaut, wieder abgebaut. Nun ist pünktlich zu Weihnachten der Blick auf eine frisch sanierte Brücke möglich.

 

Stand: 22.12.2019

Der Bericht wird mit Fortschritt der Bauarbeiten in Zukunft aktualisiert werden!